Sie sind hier

Artikel
Eingestellt: 05.09.21 | Erstellt: 05.09.21 | Besuche: 3013
0
Noch keine Bewertungen vorhanden

Jetzt im Handel: Macht und Verständigung in der externen Hochschulsteuerung - Verhandlungsmodi in Zielvereinbarungen zwischen Staat und Hochschule

Seit der Einführungen von vertragsförmigen Vereinbarungen zwischen Staat und Hochschulen um die Jahrtausendwende hat das Institut für Hochschulforschung die Entwicklung von Zielvereinbarungen und Hochschulverträgen dokumentiert und begleitet. Nun erscheint eine zusammenfassende Studie, in der die Vereinbarungen in das Modell des kooperativen Staates eingeordnet und Vorschläge für eine Weiterentwicklung der Instrumente entwickelt werden.

Zielvereinbarungen und Verträge zwischen Staat und Hochschulen sind ein zentrales Element der politischen Hochschulentwicklung. Dabei können Verhandlungen zwischen beiden Akteuren ebenso positionsbezogen geführt wie auch auf eine gemeinsame Verständigung ausgerichtet sein. Auf der Basis einer qualitativen Erhebung in 10 Bundesländern wird in dieser Studie gezeigt, wie nah positionsbezogenes Beharrungsvermögen und innovative Verständigung in der Vergangenheit lagen und wie zukünftig gezielt innovative Räume für eine gemeinsame Verständigung zwischen Staat und Hochschule geschaffen werden können.

Als theoretischer Referenzrahmen für diese Studie dient die von Arthur Benz entwickelte Theorie des „Kooperativen Staates“, die Benz zur Beschreibung von Verhandlungssituationen in anderen politischen Bereichen eingesetzt hat (1994). Benz unterscheidet hier zwischen positionsbezogenem, kompromissorientiertem und verständigungsorientiertem Verhandeln und untersucht diese unterschiedlichen „Verhandlungsmodi“ in Bezug auf unterschiedliche Verhandlungsgegenstände (Benz 1994: 118ff.):

Positionsbezogene Verhandlungen stehen im Prinzip in der Nähe hierarchischer Steuerungsverfahren. Der Verhandlungspartnerinnen und -partner bestehen auf ihren jeweiligen sachlichen Positionen, sind nicht zu Kompromissen bereit und erreichen Lösungen allenfalls im Rahmen von Tauschgeschäften. Ausschlaggebend für das Ergebnis ist die jeweilige Verhandlungsmacht (Benz 1994: 120f.). Kompromissorientierte Verhandlungen sind an das Marktmodell angelehnt, in dem sich der Kompromiss in einem „Preis“ ausdrückt. Die jeweiligen Ansprüche werden schrittweise aneinander angepasst, bis eine für beide Seiten akzeptable Lösung erreicht wird (Benz 1994: 122ff.). Bei verständigungsorientierten Verhandlungen streben die Verhandlungspartnerinnen und -partner eine gemeinsame Lösung an, die auf einem „kollektiven Lernprozess“ beruht. In diesem Verhandlungsmodus können Lösungen erreicht werden, die weder ein Markt, noch eine hierarchische Steuerung ermöglichen, weil beide Seiten ihre jeweiligen Kompetenzen in einen gemeinsamen Lernprozess einbringen und ihre eigenen Positionen dabei auch verändern (Benz 1994: 125ff.).

Auf methodischer Ebene weist die Studie damit einen Weg, die bisher relativ abstrakt beschriebenen vertragsförmigen Vereinbarungen zwischen Staat und Hochschulen (vgl. Bogumil u.a. 2013a) auf der Ebene der handelnden Akteure genauer zu untersuchen und so Erfolgsfaktoren zu identifizieren. Insgesamt versteht sich die hier dargestellte Erhebung als Beitrag, die methodische Lücke zwischen dem abstrakt formulierten Anspruch auf „wissenschaftsadäquate Governance“ (vgl. Wissenschaftsrat 2018: 45), „Verständigung“ (vgl. Benz 1994) oder auch „kommunikativem Handeln“ (vgl. Habermas 2016a) und der praktischen Umsetzung in konkreten Verhandlungen empirisch zu verringern und so für die praktische Anwendung handhabbarer zu machen. Auf der Basis der gewonnenen Erkenntnisse erscheint es möglich, die hochschulpolitischen Instrumente sehr viel genauer zu vergleichen, auf die verschiedenen Steuerungsaufgaben abzustimmen und in die jeweilige Wissenschafts- und Governance-Kultur einzelner Bundesländer einzupassen.

Dr. Karsten König ist Dozent für Empirische Sozialforschung und Qualitätsmanagement an der Fachhochschule Dresden und Gründungsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Hochschulforschung. Als Mitarbeiter im Institut für Hochschulforschung hat er die Entwicklung von externen Zielvereinbarungen zwischen Staat und Hochschule seit 2002 wissenschaftliche begleitet und in zahlreichen Veröffentlichungen zur Analyse der Beziehung zwischen Staat und Hochschule beigetragen.

https://www.universitaetsverlagwebler.de/koenig-2021

Quellen:
Karsten König: Macht und Verständigung in der externen Hochschulsteuerung Verhandlungsmodi in Zielvereinbarungen zwischen Staat und Hochschule, Universitätsverlag Webler, Bielefeld: 2021, 200 Seiten - ISBN 978-3-946017-22-6

 

Quellen:
https://www.universitaetsverlagwebler.de/koenig-2021
Bild
    Keine Inhalte
Zum Kommentieren bitte einloggen.
Keine Inhalte