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Diese Kurzstudie untersucht, wie sich die Hochschulautonomie in Deutschland in den einzelnen Bundesländern in den vergangenen fünf Jahren verändert hat. Ausgangspunkt ist die Frage, ob es eine Umkehr in Richtung weniger Autonomie gibt und in welchen Bereichen und in welchem Umfang dies ggf. erfolgt. Diese Behauptung wurde verschiedentlich im Zusammenhang mit den Diskussionen um die Veränderung der Hochschulgesetze in Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg geäußert. Von Interesse ist daher, in welchem Umfang sich die Freiheitsgrade der Hochschulen in den vergangenen Jahren verändert bzw. konkret verringert haben. Als Referenzzeitpunkt wurde die Situation im Jahr 2009/10 genommen. Dies dürfte der Zeitpunkt gewesen sein, in dem die Hochschulen den größten Entscheidungsspielraum gehabt haben. Unsere Erhebungen führen zu dem Ergebnis, dass sich die Entscheidungsspielräume der Hochschulen lediglich in zwei Ländern, Nordrhein-Westfalen und Hessen, verringert haben, während es in einigen anderen Ländern, Bayern, Berlin und Rheinland-Pfalz, eine meist geringe Ausweitung der Entscheidungskompetenzen gegeben hat. In vielen Ländern hat sich die Autonomie kaum verändert. Es gibt dabei aber Länder, in denen die Autonomie in einzelnen Bereichen eingeschränkt und in anderen Bereichen ausgedehnt wurde.
Konkret wurde in Nordrhein-Westfalen (NW) die Fachaufsicht ausgeweitet. Das Land hat nun auch bei der Entwicklungsplanung eine etwas stärkere Position. Allerdings gehört NW weiterhin zu den Ländern, in denen die Hochschulen eine vergleichsweise hohe Autonomie haben. Auch in Hessen (HE) hat das Ministerium bei der Entwicklungsplanung nunmehr eine größere Rolle als zuvor. Im Gegensatz dazu nähert sich Berlin (BE) als ein Land mit einer vorher besonders niedrigen Ausprägung der Autonomie nun den übrigen Bundesländern an, ohne jedoch derzeit gänzlich aufschließen zu können. Hier sind zwei Steuerungsinstrumente, nämlich die leistungsorientierte Mittelvergabe und die externen Evaluationen, zugunsten von mehr Autonomie weiterentwickelt worden. Dies gilt auch für Rheinland-Pfalz (RP), wo die Hochschulen mehr Entscheidungsfreiheit beim Berufungsrecht haben und die externe Evaluation gestärkt wurde. In Brandenburg (BB) führt die etwas größere Haushaltsflexibilisierung aufgrund der ausgehandelten Deckungsfähigkeit zu einer Veränderung. In Bayern (BY) könnendie Hochschulen ihre Berufungen eigenständiger vornehmen. Auch in Bremen (HB) gibt es eine leichte Änderung der Berufungsregelungen; sie führt jedoch nicht zu einer grundlegenderen Änderung des Autonomiestatus’ der Hochschulen.
In Mecklenburg-Vorpommern ergibt sich eine Art Nullsummenspiel aus zwei gegenläufigen Veränderungen: Zwar erfuhr das Berufungsrecht eine Autonomieerweiterung, allerdings ist die Ausgestaltung der Entwicklungsplanung in die gegenteilige Richtung einzuordnen. Für die übrigen Bundesländer, Baden-Württemberg, Hamburg, Niedersachsen, Saarland und Sachsen, sind keine größeren Veränderungen feststellbar, sodass sie weiterhin zur Gruppe der Länder mit mittlerer Autonomieausprägung zählen.
Als Fazit lässt sich somit feststellen, dass es zwar in zwei Bundesländern, die zuvor Vorreiter hinsichtlich der Hochschulautonomie waren, zu einer leichten Trendwende in Richtung einer geringeren Autonomie gekommen ist. Diese ist aber auf bestimmte Bereiche beschränkt und kann inhaltlich nicht als „Totalumkehr” bewertet werden. Allerdings ist auch zu konstatieren, dass die ursprünglichen Zielsetzungen, insbesondere in Nordrhein-Westfalen, deutlich stärkere Zielrichtung bzw. Veränderung intendierten. Insofern kann man davon ausgehen, dass der Widerstand aus den Hochschulen größere (Rück-) Veränderungen verhindert hat.
Die Studie zeigt auch, dass sich zum einen die Frage stellt, wo das legitime Recht einer Landesregierung beginnt, das Hochschulsystem ihres Landes zu gestalten, und wo es endet. Zum anderen gibt es bisweilen unterschiedliche Auffassungen darüber, wo Eingriffe in die Autonomie anfangen und wo eine starke Verhandlungsposition des Landes endet.
Abschließend muss man allerdings auch festhalten, dass die Hochschulen nur in Ausnahmefällen überhaupt eine weitgehende Autonomie haben. Der Normalfall ist, dass sie eine Teilautonomie haben.
Herausgeberin: Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. 2015
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FiBS-KAS_Hochschulautonomie_Langfassung.pdf
815.57 KB | 18.09.15 ( )
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