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Forenthema: Umgang mit Befangenheiten

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Umgang mit Befangenheiten

Liebes Netzwerk, bei uns an der Universität wird diskutiert, wie mit Berufungskommissionsmitgliedern umgegangen werden kann, bei denen eine Besorgnis der Befangenheit vorliegt. Derzeit gibt es bei uns eine recht strikte Regelung, die jedoch besonders bei kleinen Fächern für Schwierigkeiten sorgt. Nun würde mich interessieren, wie Sie dieses Thema bei sich handhaben: verlassen die Kommissionsmitglieder komplett die Kommission oder wirken sie nur bei den Beratungen zu dem/r Bewerber:in, die die Besorgnis der Befangenheit begründet, nicht mit? Ich wäre für eine Rückmeldung, gerne auch an nadine.rippert(at)uni-potsdam.de, dankbar.

Danke und viele Grüße Nadine Rippert

Liebe Frau Rippert, bei uns müssen diese Personen die Komission komplett verlassen und dürfen auch nicht im Fakultätsrat oder im Akademischen Senat mitstimmen. Einmal befangen - immer befangen. Man kann auch die Kommission beeinflussen, wenn man nur bei den anderen Kandiat*innen mitmacht: schlecht machen, die Kriterien in dem Sinne des "eigenen" Bewerbers beeinflussen etc. Aber auch bei uns ist das immer wieder Gegenstand von Diskussionen - derzeit bleiben wir aber hart... Beste Grüße aus Berlin Martin Bär
Liebe Frau Rippert, an der FAU haben wir auch oft das Problem der Fachkompetenz in Berufungsausschüsses, wenn viele Befangenheiten vorliegen. Wir haben für die o.g Fälle folgende Regel: "Personen, bei denen die Besorgnis der Befangenheit nicht ausgeräumt werden kann, sind auszuschließen und dürfen ab sofort nicht weiter am Verfahren mitwirken. Ein partieller Ausschluss nur für die Diskussion über den betreffenden Bewerbenden ist nicht möglich. Befangenheit ist bereits gegeben, wenn ein Grund vorliegt, der aufgrund objektiver Tatsachen geeignet ist, Misstrauen zu rechtfertigen." "Findet der Befangenheitsgrund, d.h. der entsprechende Bewerbende, keine weitere Berücksichtigung im Verfahren, kann das unter Beachtung des Verfahrensweges zunächst ausgeschlossene BA-Mitglied in der nächsten Sitzung, frühestens aber nach der Entscheidung des BA über die zum Probevortrag einzuladenden Bewerber/-innen, wieder am Verfahren teilnehmen. Hierfür ist ein entsprechender Fakultätsratsbeschluss sowie das Einvernehmen der Universitätsleitung einzuholen, der Vorgang ist im Sitzungsprotokoll zu dokumentieren." Vielleicht hilft Ihnen das etwas weiter. Viele Grüße Karolin Benker, FAU Erlangen-Nürnberg
Liebe Frau Rippert, an der Universität Marburg bitten wir die Kleinen Fächern auf externe (internationale) Expert*innen zurückzugreifen, die inzwischen ja gut über hybride Sitzungen digital an den Kommissionen mitwirken können. Die Möglichkeit, dass ein befangenes Mitglied den Raum verlässt, wenn die fragliche Person beraten wird, dulden wir nur, solange diese Person nicht in die engere Wahl genommen wird, zB. mit der Anforderung weiterer Schriften und der Einladung zum Vortrag. Dann muss das befangene Mitglied umgehend ausgetauscht werden. Der gesamte Umgang mit der Befangenheit ist im Protokoll und BK-Bericht transparent zu dokumentieren. Viele Grüße Katrin Berwanger, Philipps-Universität Marburg
Hallo Katrin, Gießen und Marburg handeln an der Stelle also im Wesentlichen gleich. Das ist beruhigend! :) Viele Grüße Sascha
Hallo Sascha, das finde ich auch gut :-). Herzliche Grüße von der Nachbaruni Katrin
Liebe Frau Berwanger, vielen Dank für die Rückmeldung. Das bedeutet dann aber, dass die befangene Mitglieder nicht von der kompletten Vorauswahl ausgeschlossen werden, sondern während der Vorauswahl nur bzgl einer Bewerbung - versteh ich Sie da korrekt? Danke und VG Nadine Rippert
Liebe Frau Rippert, an der Justus-Liebig-Universität Gießen haben wir in den Richtlinien zum Umgang mit der Besorgnis der Befangenheit ein Zugeständnis den kleinen Fächern gegenüber gemacht. Grundsätzlich gilt, wie bei den anderen Hochschulen sicher auch, dass befangene Person die Berufungskommission verlassen müssen. Wir differenzieren in absolute und relative Befangenheitskriterien. Bei absoluten Befangenheitskriterien (z. B. dienstliches Abhängigkeitsverhältnis) scheidet man sofort und automatisch aus. Bei eventuellem Zutreffen eines relativen Befangenheitskriteriums gilt bei uns: "Ist ein relatives Befangenheitskriterium in Bezug auf ein Kommissionsmitglied erfüllt, müssen die Umstände des Einzelfalls gewissenhaft durch die Kommission bzw. das Dekanat unter Beteiligung des Personaldezernats geprüft und abgewogen werden, wobei dieser Entscheidungsprozess hinreichend und transparent zu dokumentieren ist. Kann die Besorgnis der Befangenheit nicht zweifelsfrei ausgeschlossen werden, so kann ein betroffenes Kommissionsmitglied zunächst während der Vorauswahl mitwirken. Es darf sich aber nicht zu den Bewerberinnen bzw. Bewerbern äußern, die Anlass zur Besorgnis der Befangenheit gegeben haben. Außerdem hat es während der Erörterung und Abstimmung über diese Bewerberinnen bzw. Bewerber den Sitzungsraum zu verlassen und darf erst nach erfolgter Abstimmung wieder an der Sitzung teilnehmen. Verbleibt mindestens eine Bewerberin bzw. Bewerber im engeren Auswahlverfahren, muss ein Austausch des Mitglieds, gegenüber dem die Besorgnis der Befangenheit besteht, ohne seine Beteiligung von der Kommission beschlossen werden. Hierüber ist das Dekanat des jeweiligen Fachbereichs unverzüglich in Kenntnis zu setzen. Ein Austausch dieses Mitglieds wird anschließend vom Dekanat im Einvernehmen mit dem Präsidenten vorgenommen." Wir stellen uns dann auch auf den Standpunkt "einmal befangen - immer befangen" und nehmen keine Kommissionsmitglieder später wieder auf. In Bezug auf die kleinen Fächer haben wir weiterhin geregelt: "In begründeten Ausnahmefällen, insbesondere wenn keine anderen (auch keine externen) Fachexpertinnen bzw. -experten verfügbar sind, ist nach Absprache mit dem Personaldezernat eine weitere Mitwirkung als beratendes Kommissionsmitglied möglich. Auch in diesen Fällen darf sich das nunmehr beratende Kommissionsmitglied nicht zu den Bewerberinnen bzw. Bewerbern äußern, die Anlass zur Besorgnis der Befangenheit gegeben haben und hat während der Erörterung und Abstimmung über diese Bewerberinnen bzw. Bewerber den Sitzungsraum zu verlassen. Erst nach erfolgter Abstimmung ist wieder eine Teilnahme an der Sitzung möglich." Im Rahmen der Erstellung der Richtlinien war dies ein Zugeständnis an die Kleinen Fächer. In der Praxis gab es allerdings noch nie einen solchen Fall. In der Regel wird dann tatsächlich auf externe Mitglieder zurückgegriffen, ohne dass es größere Diskussionen gibt. Was sich bei uns bewährt hat, um die Vertreterinnen und Vertreter Kleiner Fächer einzubinden, ist der Hinweis, dass die Probevortragsveranstaltungen hochschulöffentlich sind und man sich natürlich als Gast auch eine Meinung bilden kann. Außerdem haben wir ausgetauschte Mitglieder auch schon gebeten, Namensvorschläge für externe Gutachterinnen und Gutachter zu benennen. Ob sich eine Berufungskommission, ein Dekanat oder die Hochschulleitung diese Vorschläge dann zu eigen macht, ist natürlich eine andere Frage. Aber so versuchen wir, die Fachexpertise bisweilen singulärer Professuren zu nutzen, ohne dass die betroffenen (und befangenen) Personen wirklich am Verfahren mitwirken. Das hat sich bei uns sehr bewährt. Viele Grüße aus Gießen, Sascha Ulrich-Michenfelder
Liebe Nadine, an der Universität des Saarlandes verfahren wir im Wesentlichen so wie es Frau Berwanger auch schreibt. In der ersten Sitzung verlassen diese Mitglieder den Raum, wenn über die Bewerberin oder den Bewerber diskutiert wird. Sie stimmen nicht mit ab, wenn es um das Gesamtbewerberfeld geht. Ausscheiden müssen sie (noch) nicht, da es oft vorkommt, dass die Bewerberin oder der Bewerber aus dem Verfahren ausscheidet. Sobald die Auswahlentscheidung der BK sich automatisch auf das gesamte Bewerberfeld auswirkt (also spätestens mit Einladung zum Vortrag), man also Bewerber*innen nicht mehr entlang des Ausschreibungstextes bewertet, sondern eben miteinander vergleicht, muss das BK-Mitglied ausgetauscht werden, sollte die Besorgnis der Befangenheit weiter bestehen. Was die Fachexpertise in BKs betrifft, arbeiten wir auch nun vermehrt mit der Einbeziehung mehrerer externer BK-Mitglieder. Früher war das immer ein Mitglied, mittlerweile beraten wir BKs so, dass sie auch bitte mehrere externe BK-Mitglieder rekrutieren sollen, damit die Expertise der BK gewahrt bleibt. Den Fall hatten wir aber bisher glücklicherweise nur selten. Liebe Grüße! Julia
Liebe Fr. Rippert, an der TU Nürnberg besteht eine Sondersituation, indem unsere Kommissionen im Wesentlichen aus externen Personen bestehen - den Umständen der Neugründung verschuldet. Bei Befangenheiten würden wir aber wie von Fr. Petry beschrieben verfahren.
Liebes Netzwerk, vielen Dank für diese Rückmeldung, das ist sehr hilfreich und es zeigt sich wie schwierig doch die Thematik ist. Beste grüße Nadine Rippert