Sie sind hier
Die USA dürfen nicht als Deutschlands neuer Talentpool verstanden werden, kommentiert Jan-Martin Wiarda im Tagesspiegel. Gerade verlieren die USA ihre Rolle als freie Wissenschaftsnation. Doch statt davon zu profitieren, sollte Deutschland helfen, den Schaden zu begrenzen – aus Vernunft und Verantwortung. Denn: "Die Demontage der freien Wissenschaft in der bislang führenden Forschungsnation der Welt produziert keine Gewinner, nirgendwo. Wenn ganze Wissenschaftsdisziplinen eingeschüchtert, herabgesetzt und beschnitten werden, wenn aus ideologischen Gründen Forschung gekappt wird, wenn Diversität bekämpft und Hochschulen über die Instrumentalisierung der Forschungsförderung auf Linie gebracht werden, dann verlieren wir alle, dann steht der weltweite wissenschaftliche Fortschritt auf dem Spiel."
Es ist laut Wiarda an der Zeit, nicht mehr nur die eigenen Interessen zu verfolgen, sondern für den Erhalt der US-Wissenschaft einzutreten. Die wissenschaftspolitische Debatte sollte sich darauf konzentrieren, wie den vielen Wissenschaftlern in den USA geholfen werden kann, die nicht weggehen wollen, so Wiarda. "Sind sie erst weg, wird der Kampf um Demokratie und Wissenschaftsfreiheit noch aussichtsloser. Welche Möglichkeiten gibt es, ihre Arbeit dort mit hiesigen Fördergeldern zu unterstützen, über gemeinsame Forschungsprojekte etwa? Kann man ihnen vielleicht sogar die Anreise zu Konferenzen und Tagungen finanzieren?"
Jan-Martin Wiarda zitiert u.a. Maria Leptin, Präsidentin des Europäische Forschungsrats ERC: „Wir sollten vermeiden zu sagen: Denen geht es gerade schlecht da drüben, also holen wir sie uns alle wieder. Wir wollen nicht profitieren vom Unglück unserer Kollegen.“ Allerdings könne Europa diesen im Notfall „einen sicheren Hafen“ bieten.